(Mein) Weg zum Frieden

Zwischen zwei tief-gespaltenen Seiten, die unmöglich miteinander auskommen wollen und denen scheinbar jedes Mittel recht ist.
Katja Lutz

Aktivistin & Web Developer

Gedankengewitter
11.04.2025

Irgendwas stinkt hier doch ganz gewaltig: Da leidet man zehn Jahre an einer Störung des Geruchs- und Geschmackssinns, von der je nach Auslegung der Daten wohl immerhin zwischen 4 und 14 Prozent [1] der Bevölkerung betroffen sind, und hört fast nichts darüber – weder davon, wie sich die Betroffenen fühlen, wie sie damit im Alltag umgehen, noch wie die Störung geheilt werden kann. Gleichzeitig liest man aber beinahe täglich irgendwelche haarsträubenden Neuigkeiten über diese sogenannten Transmenschen, die laut «USA Facts» gerade mal 1,1 Prozent [2] der Bevölkerung ausmachen. Wie kann das sein?

Könnte es etwa sein, dass sich unsere Gesellschaft darauf spezialisiert hat, Thematiken künstlich aufzublähen, die für den politischen Machterhalt und die Wirtschaft gut sind? Das Thema der Geruchsstörungen scheint dafür ja nicht wirklich in Frage zu kommen. Es ist zwar eine immense Belastung für die Betroffenen, aber ein lukratives Medikament dagegen wurde noch nicht erfunden und den Rest der Bevölkerung kann man damit offensichtlich nicht aus der Fassung bringen, ganz im Gegenteil zum Thema «Transgender». Das Leiden von Transmenschen lässt sich nicht nur mittels Medikamenten, Therapien und Operationen wunderbar zu Geld machen, sondern es ist auch ein hochwillkommenes Sprungbrett für die politische Infiltration der Familie, für die schrittweise Abschaffung der elterlichen Verantwortung.

Einige fürchten sich vor dem Thema, fürchten verständlicherweise, was es für ihre Kinder bedeuten könnte und wollen es am liebsten gesetzlich verbieten, am Besten gleich für alle Kinder, nicht nur für die eigenen. Andere fordern, dass Kinder über ihren Körper selbst entscheiden sollen (i.d.R. sind das die selben Leute, die dieses Recht während der Covid-Krise dem ganzen Volk vorenthalten wollten). Ganz egal, ob man für ein Verbot oder für ein Recht ist, in beiden Fällen wird die Verantwortung der Eltern über ihre Kinder auf den Staat übertragen.

Als Leidende an einer Geruchs- und Geschmacksstörung, als Anarchistin und zugleich als Transfrau befinde ich mich zwischen zwei tief-gespaltenen Seiten, die unmöglich miteinander auskommen wollen und denen scheinbar jedes Mittel recht ist, um die nächste Weltordnung ganz nach ihren Vorstellungen gestalten zu können. Hoppla, jetzt habe ich es ausgeplaudert: Ja, ich bin eine Transfrau, mit den Chromosomen eines Mannes, dem Herz einer Frau und den Gedanken eines freien Menschen. Am liebsten würde ich den beiden Seiten sagen: «Vertragt euch endlich, lebt und lasst die anderen leben!» Aber wie kann ich diesen Frieden von der Menschheit erwarten, wenn doch für lange Zeit auch ein ganz ähnlicher Konflikt in mir selbst herrschte?

Ich erinnere mich an eine glückliche Kindheit, geprägt von fantasievollen Abenteuern, von Rutschbahnen, die in unserer Vorstellung so gross waren wie eine Ritterburg, von Schaukeln mit denen wir um die ganze Welt zu fliegen vermochten, von Wäldern mit verborgenen Schätzen und unheimlichen, verhexten Seen. Ja, wir Kinder von Schwaderloh, einem kleinen Ostschweizer Dörfchen, erlebten damals die verrücktesten Sachen. Dabei trug ich jedoch stets ein Geheimnis mit mir, denn in meinen eigenen Geschichten verwandelte sich der Held auf seiner Reise in eine Heldin.

Von diesen Wünschen und Gefühlen wusste damals niemand, nicht mal meine Mutter, mit der ich sonst über alles reden konnte. Woher kommt diese Angst, die mich damals daran hinderte, mit meiner Mutter oder meinem Vater zu reden? Als meine Eltern sollten ja gerade sie in der Lage sein, mir zuzuhören, mich zu verstehen. Und woher kommt überhaupt dieses Gefühl, nicht im richtigen Körper zu sein?

Auf meiner Reise in die Welt der Erwachsenen begriff ich frühzeitig, dass es völlig selbstverständlich, wenn nicht sogar lebensnotwendig ist, eine Maske zu tragen. Wir tragen diese Maske der gesellschaftlichen Normalität nicht nur bei der Arbeit, während des Einkaufens, bei Treffen mit Freunden oder der Familie, wir nehmen sie sogar mit ins Bett. In der Schule glauben wir ja vieles zu lernen – dabei wird uns nicht einmal beigebracht, was es heisst, ein nackter, schutzloser Mensch zu sein, was es bedeutet, sich selbst zu gehören, für sich selbst verantwortlich und mündig zu sein, für sich selbst einzustehen.

Im Verlauf von sechs Wochen Militär- und dem darauf folgenden Zivildienst brach ich innerlich zusammen. So viele Jahre trug ich damals bereits meine Maske, während eine Stimme in mir immer lauter schrie. Jetzt lief das Fass der Selbstverleugnung endgültig über und die Stimme war deutlich zu verstehen: «Du lebst dein Leben nur einmal – vergeude es nicht!» Und so zog ich die Maske ab. Dieser Moment, als ich mich für mich selbst entschied, war wie eine Wiedergeburt und war zugleich der erste Schritt auf meinem steinigen Weg zur Glückseligkeit. Niemand anders hätte diesen Schritt für mich gehen können, ich musste diese Entscheidung ganz alleine treffen. Doch bin ich unendlich dankbar für die Menschen, die für mich da waren, auch in schwierigen Zeiten und die bereit waren, mich ohne Maske zu sehen.

Egal ob du ebenfalls gerade auf dem Weg zu dir selbst bist, oder ob du als Mutter oder Vater dein Kind auf seinem Weg zu sich selbst begleitest: Höre genau hin was die Stimme zu dir sagt; finde den Mut ihr zuzuhören! Abgelenkt von Brot und Spielen ist das nicht immer leicht, aber notwendig. Lasse die Gefühle zu, insbesondere die unbequemen. Schliesse Frieden mit dem Leben und der Natur. Und wenn das genügend viele vollbracht haben, findet sich die Menschheit vielleicht eines Tages wieder, im Frieden mit sich selbst.

Original erschienen in der Zeitpunkt Ausgabe 179, vom November 2024.
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